Oberbürgermeister-Wahlen in den Zeiten der Energiewende

Der Wahlkampf für die Wahl des neuen Oberbürgermeisters in Eichstätt fällt in eine kritische Phase der Energiewende. Der Eichstätter Kurier hat darauf reagiert und eine Folge seiner Serie „OB-Wahl 2012“ diesem Thema gewidmet. In der Ausgabe vom 28.Februar 2012 wurden vier Fragen zu „Energie und Umwelt“ von den fünf Kandidaten beantwortet.

In der Februarsitzung des Vorstandes des Energiebündel Kreis Eichstätt wurden Ideen und Themen  für Fragen an die Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl zusammengetragen.
Da zeitgleich auch von der Kreisgruppe Eichstätt des Bund Naturschutz und von der Greenpeace-Gruppe Eichstätt-Ingolstadt Fragen an die Kandidaten formuliert wurden, kam es erwartungsgemäß zu Überschneidungen, weil Energiebündel Kreis Eichstätt, Bund Naturschutz und Greenpeace die gleichen Probleme unter den Nägeln brennen.

Wir möchten deshalb bei der Befragung der Kandidaten zusammenarbeiten und stellen die Fragen und die jeweiligen Antworten im Folgenden zusammen.

Frage 1 (gestellt von Greenpeace Eichstätt-Ingolstadt)
Erneuerbare-Energien-Strom (EEG-Strom) liegt bundesweit bei knapp über 20%. Bayernweit liegt er bei 17% und landkreisweit bei 33%! Die Stadt Eichstätt ist bei EEG-Strom mit 7% eines der Schlusslichter. Was sind Ihre konkreten Ziele, den derzeitigen Stand von Eichstätt nach vorne zu bringen? Und wie soll das konkret geschehen?

Antwort von Walter Eisenhart (CSU):
Nach meinem Kenntnisstand belief sich aus der Gesamtstrommenge der Stadtwerke Versorgungs GmbH 2010 der Anteil an erneuerbarer Energie auf insgesamt 39 % (davon 20 % aus erneuerbaren Energie gefördert nach EEG und 19 % aus sonstigen erneuerbaren Energie).

Antwort von Max Pfuhler (SPD):

Antwort von Manuela Knipp-Lillich (Die Grünen):
Die genannten Zahlen für Bayern, den Landkreis und die Stadt Eichstätt stammen von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. Die Stadt Eichstätt nimmt dort mit 7% Anteil EEG-Strom einen hinteren Platz ein. Es wäre aber nachzuprüfen, inwieweit alte Wasserkraftwerke dort keine Berücksichtigung finden, da sie nicht unter die EEG-Kennzeichnung fallen. Mit dem neuen Wasserkraftwerk in Rebdorf und der Stromerzeugung in der Spitalstadt wird diese Zahl nach oben korrigiert.

Dennoch wird Eichstätt in den kommenden Jahren erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, um einen Spitzenplatz einzunehmen. Das wird im wesentlichen über die Ausweisung und Umsetzung von Windenergieanlagen gelingen. Hier müssen wir Gas geben. Der Gesetzgeber kommt uns hier mit der neuen Landschaftsschutzverordnung entgegen.
Mein Ziel ist es, gemeinsam mit den Stadtwerken und den Bürgern eine regionale Wertschöpfung bei den erneuerbaren Energien zu erreichen. Das bedeutet zu investieren und auch die Bürger mitzunehmen. Regenerative Energieerzeugungsanlagen (Bsp.Kraftwerk in der Schottenau) werden künftig auch Strom erzeugen müssen.
Die Altstadt hat mit ihrer Gestaltungssatzung keinen großen Spielraum für Photovoltaikanlagen. Diese müssen wir in der Spitalstadt, außerhalb des Geltungsbereiches der Gestaltungssatzung und in den Stadtteilen voran bringen.

Antwort von Andreas Steppberger (Freie Wähler)
Im Hinblick auf die Förderung des EEG-Stroms plane ich im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit deren Ausbau, vor allem mit den „Berggemeinden“.
Zu bedenken bleibt aber, dass nur beschränkt Standorte für Windkraftwerke sowie Dachflächen zur Verfügung stehen.
Die Wasserkraft der Altmühl wird im Rahmen der derzeitigen Möglichkeiten bereits gut genutzt.
Jedoch sollte auch die Nutzung des Gefälles von Abwasser bzw. dessen Abwärme zur Energiegewinnung neu überdacht werden.

Antwort von Beate Hueber (unabhängig):
Die Stadtwerke Eichstätt sind laut Energiewirtschaftsgesetz § 42 dazu verpflichtet ihre Stromlieferungen zu kennzeichnen. Die tatsächliche Menge an Erneuerbaren- Energien -Strom, die bei den Stadtwerken angeboten wird, beläuft sich auf 39% der Gesamtstromlieferung.  Wir stehen  damit im Bundesvergleich  (18% EEG- Strom) sehr gut da.
Sogar die Stadt Tübingen mit ihrem grünen Vorzeige-Oberbürgermeister bietet nur 30% Erneuerbare -Energien-Strom an.

Selbstverständlich soll im Sinne der Energiewende weitergearbeitet werden. Die Konzentrationsflächen für Windräder sollen in interkommunaler Zusammenarbeit vorangetrieben werden. Bürgergenossenschaften nach dem Vorbild Böhmfelds können wirtschaftlich dabei ein Vorbild sein. Wasserkraft wird in Rebdorf angeboten. Mit dem zukünftigen Biomethankraftwerk West haben wir ebenfalls eine Versorgung mit Strom (und Wärme) aus erneuerbaren Energien, der noch dazu grundlastfähig ist. Photovoltaik wird schon vielfach genutzt, wie sich die zurückgehende Förderung dieser Technologie auswirken wird, bleibt abzuwarten. Meine Hauptmaßnahme wird sein: Eigenregie der Bürger initiieren (Energiebündel, Bürgergemeinschaften), ansonsten sympathisierende, zwangfreie und vor allem wirtschaftlich tragbare Begleitung aller Entwicklungen in diese Richtung.

Frage 2 (gestellt von Greenpeace Eichstätt-Ingolstadt)
Welches sind für Sie die drei wichtigsten Umweltthemen in Eichstätt?

Antwort von Walter Eisenhart (CSU):
Energiesparen, weitere regenerative Energien erschließen, Wasserschutz
Antwort von Max Pfuhler (SPD):

Antwort von Manuela Knipp-Lillich (Die Grünen):
Es ist schwer hier eine Priorität bei der Vielzahl der Themen zu setzen. Aber Natur und Landschaft nehmen einen hohen Stellenwert ein. Wir müssen sorgsamer mit unseren Böden und dem Grundwasser umgehen. Hier im Karstgebiet hat das hohe Bedeutung.
Wir haben für unser Trinkwasser eine große Verantwortung, damit wir nicht eines Tages fernversorgt werden müssen.
Die regionale Landwirtschaft hat aber auch großen Einfluss auf die Qualität unserer    Böden und damit wieder auch auf den Natur- und Artenschutz. Und damit habe ich schon drei Themen genannt, die eng ineinander verwoben sind.
Die Themen Lärm und Luft sind aber gerade in unserer schönen Stadt auch ein zentrales Thema. Stichwort ÖPNV und Individualverkehr. Bei der nachhaltigen Mobilität haben wir noch viel zu verbessern. Es gibt tolle Modelle, man muss das Rad nicht neu erfinden.
Car-Sharing, Bikestationen, ein gutes Radwegenetz und ein günstiger und gut ausgebauter ÖPNV sind wichtige Standards in unserer Unibversitätsstadt.

Antwort von Andreas Steppberger (Freie Wähler)
Die drei wichtigsten Umweltthemen in Eichstätt sind ein sinnvolles Energiemanagement, der Ausbau des Tourismus in sorgfältiger Abwägung mit dem Natur- und Umweltschutz sowie generell Nachhaltigkeit bei allen Entscheidungen, die zukünftig betreffend den Energieverbrauch getroffen werden, z.B. bei der Erschließung neuer Baugebiete

Antwort von Beate Hueber (unabhängig):
Die Trinkwassersicherheit hat sich im letzten Jahr als problematisch gezeigt, wurde jedoch aufgrund der strengen Wasserreinhaltungsvorschriften und der effizienten Gegenmaßnahmen der Stadtwerke schnell wieder in den Griff gebracht. Die jetzige Trinkwassersicherheit zu halten ist eines der wichtigen Umweltthemen in unserer Stadt.
Ein weiteres Thema ist der Parksuchverkehr, der in der Enge der Stadt für reichlich Abgase sorgt.
Ein schöne Begrünung der noch übriggebliebenen Altmühlauen halte ich für das wichtigste Umweltthema, um die Funktionalität des Parkplatzbereichs durch Naturumgebung zu entschärfen und die Altmühl noch als reizvolle Umwelt wahrnehmen zu können.

Frage 3 (gestellt von Greenpeace Eichstätt-Ingolstadt)
Aktuell zum Fukushima-Jahrestag, der genau auf den OB-Wahltag fällt: Der Stadtwerkeleiter konnte sich in Gesprächen mit Greenpeace nicht vorstellen, den Stadtwerkestrom atomkraftfrei anzubieten. Würden Sie als Aufsichtsratvorsitzende/r hier mit Greenpeace für atromkraftwerksfreien Strom streiten?

Antwort von Walter Eisenhart (CSU):
Der Anteil des AKW-Stroms an der Gesamtstrommenge der Stadtwerke Versorgungs GmbH betrug 2010 noch 13 Prozent. Das ist ein vergleichsweise niedriger Wert (Deutschland 24%). Im Rahmen der Energiewende wird das Ziel sein, auch diesen Wert zu senken.

Antwort von Max Pfuhler (SPD):

Antwort von Manuela Knipp-Lillich (Die Grünen):
Ich bin davon überzeugt, dass wir hier nicht streiten müssen. Es gibt inzwischen einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Die Atomenergie ist ganz klar Auslaufmodell. Die große Mehrheit unserer Bürger und Institutionen wollen diesen Weg und ich bin mir auch sicher, dass die Stadtwerke und der Stadtrat hier an einem Strang ziehen werden. Als Fraktionsvorsitzende der Partei Bündnis 90/Die Grünen fühle mich natürlich besonders verpflichtet, diesen „Regionalen Ausstieg“ zu forcieren und ich glaube, dass es dagegen keinen Widerstand mehr gibt.

Antwort von Andreas Steppberger (Freie Wähler):
Hier sind zunächst sämtliche Verträge der Stadt zu prüfen, die den Strom betreffen. Vorstellbar ist atomkraftwerksfreier Strom sicher. Jedoch bleibt zu bedenken, dass auch die z.B. die Stadtline nur funktioniert, wenn die Stadtwerke Gewinn machen, was man in diesem Zusammenhang auch beachten muss. Ich werde jedenfalls mit dem Stadtwerkedirektor insofern in Gespräche und Verhandlungen treten. Atomstrom ist für mich sicher nicht zukunftsfähig, aber kurzfristige Maßnahmen funktionieren nur in Abstimmung mit dem Stadtwerkedirektor, da bestehende Verträge einzuhalten sind.

Antwort von Beate Hueber (unabhängig):
Angesichts der dürftigen Nachfrage nach atomkraftfreiem Strom in Eichstätt: von 6000 Stromkunden verlangen 100 nach energreen, – denke ich als Stadtchefin, die dringend Geld braucht, um die Quersubventionierung von Stadtlinie, Freibad und Tiefgaragen zu sichern- besonders an Versorgungssicherheit und Rentabilität. Unser Strom muss  zu Kosten weitergegeben werden, die von den Abnehmern mitgetragen werden, denn immer mehr Leute vergleichen die Preise und wechseln dann zu günstigeren  Versorgern. Auch in dieser Frage darf ich darauf hinweisen, dass unser Anteil an Kernenergie in der Stromversorgung bei nur 13% liegt (bundesweit 24%, Tübingen 16%).

Frage 4 (gestellt von Greenpeace Eichstätt-Ingolstadt)
In einigen Städten wurde eine solare Baupflicht erfolgreich eingeführt. Greenpeace hat das in Eichstätt auch schon einmal vergeblich versucht. Wie stehen Sie zum Thema „Solare Baupflicht“ für Eichstätt?

Antwort von Walter Eisenhart (CSU):
Generell bin ich der Meinung, dass Bürger bei der Gestaltung ihres persönlichen Umfelds möglichst wenig Zwängen ausgesetzt sein sollen. Eine energiepolitische Beratung seitens der Stadtwerke gibt es bereits, die gerade im Zeichen der Energiewende ausgebaut werden kann. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Bauzwang in praktischer Hinsicht der Weisheit letzter Schluss sein kann, bin ich derzeit eher zurückhaltend.

Antwort von Max Pfuhler (SPD):

Antwort von Manuela Knipp-Lillich (Die Grünen):
Sie sprechen hier auf den §9, Abs. 1, Nr. 23b BauGB an. Für die Spitalstadt hätte ich mir das vorstellen können, da es ein eng abgegrenztes Gebiet mit hohen Baukörpern und Flachdächern ist. Ich setze aber bei der Photovoltaik auf Freiwilligkeit und Überzeugung. Mich beschäftigt in diesem Zusammenhang viel mehr die Energieeffizienz. Wir könnten bei der Unterschreitung der ENEV viel mehr erreichen. Die Energieeinsparverordnung wird im Schnitt alle 2 Jahre verschärft. da kann ich als Kommune nicht immer nur hinterher hinken. Neue Häuser müssen in Zukunft klimaneutral sein oder Passivhausstandard erfüllen.
Der Anteil erneuerbarer Energien an der Gebäudeversorgung kann dann der Bauherr selbst oder die Stadtwerke sicherstellen. Das wird in jedem Baugebiet neu zu entscheiden sein. Diese Vorgehensweise deutet sich schon in der ENEV 2020 an. Wir müssen aber diese Standards schon heute setzen, Gebäude stehen viele Jahrzehnte und verbrauchen viel Energie. Eine konsequente Energieeinsparung bringt uns viel schneller voran und ist günstiger und nachhaltiger. Wo nichts oder weniger verbraucht wird, muss weniger erzeugt werden. Das hat die Mehrheit in unserem Stadtrat noch nicht verstanden, sonst hätte man meinem moderaten Antrag vom .8. Juni 2011 für eine Unterschreitung der ENEV um 20% zugestimmt. Mein Motto lautet „Taten statt Worte.“

Antwort von Andreas Steppberger (Freie Wähler):
Das Stadtbild Eichstätts ist etwas besonderes und historisch gewachsen. Deshalb ist sensibel damit umzugehen. In Neubaugebieten geht es folglich darum, mit Bauherren Gespräche dahingehend zu führen, Umweltbelange verstärkt zu beachten. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang auch an eine sinnvolle Nutzung von Regenwasser zu erinnern, die nicht vernachlässigt werden sollte.

Antwort von Beate Hueber (unabhängig):
Eine solare Baupflicht halte ich für nicht angebracht, auch angesichts der zurückgefahrenen Förderung. Der Bürger soll frei entscheiden dürfen, auf welche Energietechnik er zugreifen möchte. Um in Neubaugebieten Photovoltaik zu fördern, kann man bei der Planung  dort dafür sorgen, dass die Dachausrichtung der Häuser passt. So kann man Solartechnik fördern ohne allzusehr zu regulieren und die Freiheit der Bürger zu beschneiden.